ChorWerkstattArbeit – mit (W-)Elan ins Jazzchorjahr 2021
ein Beitrag von Stefan Behrendt und Franziska Kipsch
Nach einem ganz wunderbaren Jahresabschluss 2020 mit unserem ersten Musikvideo sind wir mit viel Energie und Euphorie ins neue Jahr gestartet. Denn für das Chorjahr 2021 stehen einige motivierende Punkte auf unserer Agenda: Neue Arrangements, die einstudiert werden wollen; bestehendes Repertoire, dass aufgefrischt und mit Soundtrap aufgenommen werden will; Vorbereitungen für unsere CD-Produktion und unser 10-jähriges Jubiläum 2022 treffen u.v.m.
Musikvideo “Oh come all ye faithful”
Online-Proben mit Individualität und Partizipation:
Aufgrund der aktuellen Situation proben wir weiterhin über das Videokonferenz-Tool “Zoom”. So schnell wie die Technologie fortschreitet, sind auch wir stets im Optimierungsprozess unserer Proben, um unseren digitalen Probenmodus besser an die aktuellen Gegebenheiten anpassen zu können. Denn bei allen Vorzügen der modernen Technik klappt es leider (noch) nicht, über dreißig Sängerinnen und Sänger klanglich zu synchronisieren.
Daher stellten wir uns konkret folgende Frage:
Womit lassen sich 120 Minuten virtuelle Chorarbeit effektiv füllen, ohne dass jeder nur im stillen Kämmerlein vor sich hin singt?
Um dieser Herausforderung zu begegnen, änderten wir unseren Blickwinkel auf die Probe. Ein Online-Meeting lässt sich ohnehin nicht mit einer Live-Probe vergleichen – warum sollten wir uns also darauf beschränken, den “normalen” Probenmodus zu imitieren? Hier liegt für uns die Chance, Chorproben innovativ zu denken, die Verantwortung in der Gestaltung auf mehrere Sänger*innen zu verteilen, Dinge auszuprobieren und musikalische Techniken zu vertiefen, für die normalerweise kaum Zeit übrig wäre. So leben wir auch in den Online-Proben verstärkt die Philosophie des “Intelligent Choir”, bei der alle die Mitverantwortung für den musikalischen Prozess im Chor tragen und so alle die Proben mit ihrem Zutun partizipierend mitgestalten.
Damit war das Konzept der “ChorWerkstattArbeit” geboren!
“ChorWerkstattArbeit” – das Grundkonzept:
Nackendehnung in der Körpererwärmung
Zu Beginn starten wir gemeinsam mit rund zwanzig Minuten Körpererwärmung und Einsingen, um uns in Form zu bringen. Bereits dieser Part wird von Woche zu Woche von unterschiedlichen Chormitgliedern vorbereitet und präsentiert. Anschließend stehen uns für max. 60 Minuten ca. vier bis sechs virtuelle “Zoom-Räume” für die “Werkstattarbeit” zur Verfügung, durch die man nach je 30 Minuten beliebig wechseln kann. Nach Lust und Laune können wir uns so unsere Proben ganz nach unseren Interessen und jeweiligen Bedarf individuell zusammenstellen.
Die Inhalte variieren je nach Wunsch pro Woche und können auch mit eigenen angeleiteten Workshopthemen angereichert werden. Der letzte Proben-Block findet dann wieder mit allen gemeinsam statt. Unser Chorleiter Micha nutzt diese Zeit, um mit uns entweder an Repertoire-Stücken fokussiert stilistisch zu arbeiten oder mit uns die neuen Arrangements für unsere Jubiläums-CD einzustudieren.
Unsere Palette an musikalischen Angeboten in der “ChorWerkstattArbeit” ist dabei vielfältig und abwechslungsreich:
Room 1 – Soundtrap:
Hinter der ersten Tür verbirgt sich in der Regel ein ruhiges Plätzchen für alle, die zu einzelnen Repertoire-Stücken konzentriert ihre Stimmen in Soundtrap-Projekte einsingen wollen. Mit diesem Programm lassen sich kinderleicht individuelle Mikrofon-Aufnahmen erstellen und abmischen, sodass schon ein bisschen Chorgefühl aufkommt, wenn wir unsere Stimmen anschließend gemeinsam hören. Zum einen üben wir uns dadurch im präzisen Singen, zum anderen ist es eine gute Grundlage auch für Neumitglieder zu aufgenommenen Referenzstimmen die Stücke einzustudieren.
Aufnehmen mit Mikrofon, Kopfhörer und Motivationsfigur
Youtube-Liste zum Mitsingen
Room 2 – Repertoirepflege:
Ein Zimmer weiter versammeln sich fleißige Menschen, um das Jazzchor-Repertoire gemeinsam zu pflegen und an den Songs zu feilen. Dabei singt eine/r die Stimme vor und/ oder gibt die entsprechende Konzertaufnahme zu dem gewünschten Song frei, sodass alle stummgeschaltet vor ihren Bildschirmen mitsingen und -grooven können. Beobachtete Stolperstellen können dann noch einmal besprochen und gemeinsam korrigiert werden. So hüpfen wir frei nach Belieben von einem Jazzchor-Lieblingssong zum Nächsten.
Room 3-4 – Musiktechniken SOLFA und VOPA:
Im dritten und vierten Raum gibt es Solfa-Übungen für Anfänger und Fortgeschritte. Solmisation ist eine Lehrtechnik, bei der Tonstufen einer Tonleiter mit Handzeichen dargestellt werden. Durch verschiedene Übungen können wir unser musikalisches Gehör in Tonsprüngen (Intervalle), Abläufen und Pentatonik-Impros schulen. Auch mit der Technik des Vocalpaintings (VoPa) arbeiten wird in diesen Übungsräumen – ein Zeichenrepertoire, mit dem wir unser gemeinsames Singen körperbewusst, nonverbale weiter ausbauen können, auf deren Basis wir unser gemeinsames choreigenes Körpergefühl bis hin zu gemeinsamen Chorimprovisationen weiter ausbauen können.
VoPa-Geste für Lautstärke
VoPa-Geste für die Vokalfärbung “Aah”
Room 5-6 – Wunschräume:
Diese Räume werden bei Bedarf für einzelne Stimmgruppen, besondere Workshops wie “Atemstützübungen” oder für eine Stückeinführung für Neumitglieder geöffnet.
Mit diesem neuen Probenkonzept haben wir eine Grundlage geschaffen, uns gegenseitig zu motivieren und sowohl den Bedürfnissen der Einzelnen, als auch dem Gemeinschaftsgefühl gerecht zu werden.
Wir freuen uns sehr, dass wir dadurch mit voller Energie und Musikalität in die Zukunft schauen können. Bis wir uns (hoffentlich) bald wieder “in echt” treffen können, haben wir genügend Möglichkeiten, unseren A-Cappella-Gesang weiter leben zu lassen und optimistisch unsere Ziele in Angriff zu nehmen.
Solmisation (von unten nach oben)
Bis dahin, bleibt gesund, lasst es euch gut gehen und freut euch auf ein weiteres harmonisches Jahr mit dem Jazzchor Dresden!