Leipzig ist ganz Chor

ein Beitrag von Stefan Behrendt

Donnerstag, 26. Mai

Der Auftakt

Mit dem dritten Schlag der Turmuhr begann die Eröffnung des Chorfests Leipzig auf dem großen Marktplatz. Pünktlich zu diesem Anlass zogen die Wolken von dannen und präsentierten einen strahlenden Himmel, begleitet von einem kräftigen Wind. Musikalisch wurden wir eingestimmt durch den Chor der Evangelischen Schulgemeinschaft Annaberg-Buchholz im Erzgebirge, den Chor der Westsächsischen Hochschule Zwickau sowie den Gemischten Chor des Carl-von-Bach-Gymnasiums Stollberg im Erzgebirge. Der Präsident des Deutschen Chorverbandes Christian Wulff und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hießen die Sänger:innen herzlich willkommen und riefen uns dazu auf, nach der langen Zeit der Pandemie mit frischer Energie dieses große Ereignis zu genießen.

 

Vom Marktplatz aus ging es direkt weiter zur Moritzbastei, wo uns die ersten Tageskonzerte erwarteten. Der relativ knapp bemessene Vorplatz füllte sich schnell mit neugierigen Zuhörenden. Als Auftakt gab die A-Cappella-Formation zimmmt aus Berlin moderne Arrangements von Pomplamoose, AnnenMayKantereit, Harold Arlen und Soila Sariola zum Besten. Es folgte BerlinVokal mit Werken von Markéta Irglová, Harry Warren und Anne Mücke/Simon Ortmeyer. Beide Chöre gaben uns direkt einen kleinen Vorgeschmack auf die Gesangskünste unserer “Konkurrenten” in der Wettbewerbs-Kategorie Jazz/Pop (Stufe 1).

Im Anschluss spazierten wir bei bestem Wetter durch die schöne Innenstadt zum Haus Leipzig, wo uns der HfMDK Pop- und Jazzchor aus Frankfurt am Main empfing. Mit einer astreinen, groovigen Bühnenshow und perfektem Blending hoben die professionellen Sänger:innen die Messlatte für A-Cappella-Pop an diesem Abend in schwindelerregende Höhen. 

So trifft man sich (wieder)

Ganz euphorisiert von der letzten Darbietung, suchten wir uns am Marktplatz zwischen voll belegten Restaurants ein lauschiges Plätzchen beim Griechen und bestellten einmal gefühlt die gesamte Speisekarte, um unsere knurrenden Mägen zu stillen. Satt und gestärkt empfingen wir bei der Gelegenheit gleich unseren ehemaligen Tenor und mittlerweile Wahl-Leipziger Sascha. Wenig später gesellte sich noch Christoph zu uns, der mittlerweile mit Sophia ganz im Süden Deutschlands wohnt (ein Abschieds-Interview der beiden findet ihr übrigens hier). Schon wurden die Smartphones gezückt, um den Augenblick des Wiedersehens für die Erinnerung zu bewahren. 

Wiedersehen mit Sascha (ganz links auf dem Bild)

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Zum krönenden Abschluss wurden wir um 20:30 Uhr von Slixs entführt in eine Welt aus Klangfarben, Lautmalerei und Vocal Percussion. Ein bunter Mix aus Soul, Groove, Funk und World Music brachte uns 75 Minuten lang zum Mitsingen und Tanzen. So erfüllt von jeder Menge positiver Energie, wollten wir gleich nochmal selber ein bisschen für uns singen. Kurzerhand versammelten wir uns am Rande des Marktplatzes und gaben zwei Kostproben aus unserem neuen Programm zum Besten. Einigen Passanten schien das zu gefallen, denn sie blieben stehen und spendierten uns sogar Applaus. Ermutigt von dieser Reaktion gingen wir direkt hundert Meter weiter, wo wir mehr Platz auf dem Bürgersteig hatten, stellten uns im Halbkreis auf und sangen einige weitere Stücke. Innerhalb kürzester Zeit versammelte sich eine frisch gewonnene Fangruppe um uns, die wir mit Konzert-Flyern und einer improvisierten Moderation “versorgten”. Unterbrochen wurden wir nur einmal, als ein Elektrobus der Leipziger Verkehrsbetriebe sich die belagerte Straße frei hupen musste.

Zum Abschluss dieses fantastischen Abends machten wir uns schließlich auf den Weg ins Barfußgässchen und ließen bei einem Cocktail bzw. Kellerbier und leckeren Kartoffelspalten den geglückten Start ins Chorfest ausklingen. (Nur leichte Enttäuschung kam auf, als der bestellte “Bulmers Red Berries” an den Tisch kam und statt des erwarteten Ciders ein heißer Früchtetee vor uns stand).

Freitag, 27. Mai

…auf ins Rampenlicht!.

Nach dem fulminanten musikalischen Startschuss des Vortages erwachten wir mit einem Gefühlschaos aus Vorfreude, Aufregung, Nervosität und einem leichten Lampenfieber. Immerhin stand unser erster “richtiger” Auftritt seit einer schier endlosen Konzertpause bevor: Der Wettbewerb in der Kategorie Jazz/Pop (Stufe 1). Die Anreise kostete mehr Zeit als erwartet, da sich die Schaubühne Lindenfels relativ weit abseits des Stadtzentrums befindet. Zunächst gab es Uneinigkeit darüber, in welchem Raum wir unsere persönlichen Gegenstände lassen sollten – so verteilten sich die Taschen, Jacken und Kleidersäcke flugs in zwei separaten Gebäuden. Schließlich war aber doch alles am rechten Platz, wir begannen uns einzusingen und die letzten Beläge auf der Stimme mit GeloRevoice zu bekämpfen. Dann ging es zum Soundcheck, bei dem nur unsere beiden Beatboxer Andreas und Tim eigene Mikrofone verwenden durften. Alle Versuche, wenigstens einen tiefen Bass zu verstärken, schlugen fehl; aber da waren wir professionell genug und regelten das vokale Schlagwerk entsprechend leiser.

 

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Eine kurze Mittagspause später fanden wir uns auf einer engen Treppe wieder, wo wir hastig die richtige Aufstellung für den Konzertaufgang koordinierten (und als wir sie gefunden hatten, bemerkte Ulla: “Leute, wer hat hier gerade einen fahren lassen?!” 🤭). Nun kam der große Augenblick, auf den wir seit Wochen sehnsüchtig gewartet hatten: Voller Energie und Tatendrang betraten wir die Bühne und wurden von einem gewaltigen Publikum begrüßt. In nur fünfzehn Minuten gaben wir ausschließlich neue Stücke zum Besten, die sich auch noch in Vorbereitung unserer CD befinden. Darunter auch eine Eigenkomposition unserer früheren Stimmbildnerin Karoline Weidt, die wir a cappella uraufführen durften und uns dabei an die all die schönen und lehrreichen Momente mit ihr erinnerten. Um den gesetzten Zeitrahmen von fünfzehn Minuten nicht zu überschreiten, wurde vorübergehend ein “Klatschverbot” verhängt – die Anwesenden entdeckten jedoch eine interessante Alternative, erhoben ihre Arme und ließen die Finger flattern.

Nach unserem letzten Stück erfüllte ein tosender Applaus den gesamten Ballsaal. Selbst die Juror:innen Anette von Eichel (Vorsitzende), Erik Sohn (ehem. Coach der Wise Guys) und Stephan Görg jubelten uns zu – wir waren überwältigt und konnten unser Glück kaum fassen. Nach dem Abgang von der Bühne und zurück im Nebenhaus, wo wir uns eingesungen hatten, wurde uns plötzlich ganz nebenbei klar, dass unsere junge Sopranistin Hanna und unser neuer Bass Markus (Do) gerade ihr Debüt-Konzert mit uns erlebt hatten. Daraufhin spendierten wir den beiden noch einen ganz besonders warmen Beifall.

Saggsn gruufd!

Obwohl wir gerade erst begannen zu realisieren, was für einen geilen Auftritt wir soeben hingelegt hatten, mussten wir gedanklich schon zum nächsten Programmpunkt des Tages springen. Die Vorbereitungen für das Konzert Saggsn gruufd! im Weißen Saal der Kongresshalle am Zoo warteten bereits am frühen Nachmittag in Form von Technikaufbau und Soundcheck auf uns. So besorgten wir uns in aller Eile einen Mittags-Imbiss und fuhren quer durch die Stadt, um uns auf einer riesigen Bühne wieder zu finden. Mit geübten Handgriffen entluden wir Koffer und Kisten, verkabelten unsere Mikros und programmierten den perfekten Sound für uns ein (das alles in einer Rekordzeit von 20 Minuten, sodass auch die Techniker der Messe stark beeindruckt waren, wie gut uns Micha trainiert hat). Danach ging es in einen noch riesigeren unterirdischen Raum, wo wir unsere frisch eingeweihte Auftrittskleidung erneut anlegten und hofften, dass unser Look immer noch “frisch” genug wirken möge.

 

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Beim Aufgang in den Veranstaltungssaal stellten wir zu unserer Freude fest, dass dieser bis auf den letzten Platz mit erwartungsfrohen Menschen gefüllt war. Auch unsere frühere Mitsängerin Yasmin hatte sich einen Platz in der ersten Reihe ergattert. Und schon ging es los – diesmal mit komplett anderen Songs aus unserem neuen Repertoire. Nach nur 20 Minuten war der Auftritt bereits vorüber und wurde – wer hätte es gedacht – mit richtig viel Applaus belohnt. Im Anschluss verteilte sich die Belegschaft des Jazzchor Dresden: Die einen blieben als Zuhörer:innen im Weißen Saal und genossen die Auftritte vom Gemischten Chor Penig und dem Jazzchor Chornfeld aus Leipzig. Die anderen verzogen sich ins Untergeschoss und gönnten sich einen Power Nap oder eine Schulter-Massage gegen das einsetzende Müdigkeitstief.

 

Die ersten Nachtklänge

Um auch mal etwas Kontrastprogramm zum Jazz/Pop-Genre zu hören, formierte sich eine kleine Gruppe und begab sich zur beschaulichen Evangelisch-Reformierten Kirche, wo uns ein klassisches Konzert unter dem Titel G’ganggali – Ausflüge in die Welt der Klänge erwartete. Noch nicht ahnend, dass uns mit dem Neuen Kammerchor Berlin ein Profichor der Spitzenklasse überraschen würde, nahmen wir unsere Plätze ein. Das gesamte Programm wurde stets mit absoluter dynamischer Präzision und hervorragender Bühnenpräsenz vorgetragen und wir wurden vom ersten Stück an vollkommen in den Bann der Musik gezogen. Unsereins aus der Welt der “modernen A-Cappella-Musik” wurde nachdrücklich bewusst, dass ein großartiger Sound nicht allein durch technische Unterstützung entsteht – denn die bombastischen Soundcluster und experimentellen Stimmklänge wurden ganz natürlich von der Akustik der Kirche getragen und bewegten uns im Innersten.

Basta-Konzert auf dem Marktplatz

So sehr uns dieses Klangerlebnis beeindruckt und bewegt hatte, so sehr bewegten sich nun auch unsere Mägen und forderten schlagartig unsere volle Aufmerksamkeit ein. Zum Glück gab es inmitten der Leipziger Innenstadt, bei den Höfen am Brühl, eine große Auswahl an Restaurants aller Coleur. Dachten wir. In der Realität schienen sämtliche gastronomischen Einrichtungen beschlossen zu haben, an diesem Freitagabend pünktlich um 20 Uhr zu schließen. Die wenigen noch geöffneten Lokalitäten wiesen uns zumeist ab mit der Begründung, dass alle Plätze belegt wären oder völlig unerwartet bereits alle vorhandenen Speisen verzehrt worden waren (überraschter O-Ton eines veganen Burgerrestaurants: “Hier sind irgendwie gerade total viele Chöre in der Stadt…”). Am Ende fanden wir doch noch eine vietnamesische Gaststätte, wo das Essen wirklich lecker war. Wegen der langen Suche nach einem Abendbrot kamen wir leider anschließend viel zu spät zum Basta-Konzert – echt ärgerlich. Immerhin durften wir noch die letzte Zugabe, eine romantische Ballade namens “Feuerzeug” erleben und uns einer Kulisse aus hunderten Smartphone-Taschenlampen vor einem farbenprächtigen Sonnenuntergang hingeben.

YeoMen – WTF?!

Tjaaaa… Und dann gab’s da noch diese Gruppe aus Berlin namens YeoMen. Sie nennen ihren Musikstil selbst “Extrem A-Cappella” und das trifft den Nagel auf den Kopf. Mit grellen LED-Brillen stürmten sie die Bühne im Haus Leipzig, ballerten einen fetten Octaver und ungefähr ein Dutzend Effektfilter auf die Soundanlage und rockten die Bühne mit mundgemachtem Techno. Nach dem dritten Lied verließen zahlreiche Zuhörer:innen ihre Plätze – aber nur, um sich in Richtung Bühne zu bewegen und direkt vor dem durchgedrehten Herrenquintett abzudancen, was das Zeug hielt. Es flogen schwarze Sticker mit “BÄM!”-Aufdruck durch den Saal, Konfetti-Kanonen explodierten im Minutentakt, ein absurd großer Schwimmreifen mit Entenkopf geisterte quer durchs Publikum. Inmitten des Chaos tobten sich YeoMen am Thema ADHS aus, animierten die Anwesenden um die Wette zu springen und gaben verstörend sinnlose Kommentare zum Besten. Der Beatboxer im Hasenkostüm setzte dem verrückten Treiben die Krone auf. Fazit: Einfach nur ein geiler Abend!

 

Samstag, 28. Mai

Offene Bühne

Bereits um 9:45 Uhr trafen wir uns in voller Konzertmontur im Haus Leipzig, wo uns Voice Affair eine Kostprobe ihres Könnens gaben. Etwas unerwartet segelte währenddessen ein gelber Luftballon des YeoMen-Auftritts vom vergangenen Abend von der Decke und wurde spontan mit feierlicher Geste der Chorleiterin überreicht. Danach war der Jazzchor Dresden an der Reihe – dieses Mal hatten wir immerhin ein Bassmikrofon, welches je nach Stück von drei verschiedenen Sängern eingesetzt wurde. Unsere Solistin Bea (Alt 1) durfte mit ihrer Performance des Chor-Klassikers “Ubuntu” glänzen, und auch Ulla (Alt 2) und Lydia (Sopran 1) machten mit ihrer persönlichen Premiere ihrer CD-Stücke als Leadsängerinen einen super Eindruck.

Im Anschluss stellte sich der Landesjugendchor Berlin dem Publikum vor. Ihr Chorleiter Bastian Holze gab bekannt, dass als einziger Landesjugendchor der Republik die Berliner auf ein klassisches Repertoire verzichteten und stattdessen vokale Popmusik machten. Wir durften deshalb Songs von Seed, Michael Bublé, Greg Jasperse sowie eigene Arrangements hören und uns von der extrem positiven Ausstrahlung der jungen Talente anstecken lassen.

Vocal Bands

Ganz andere Klänge erlebten wir in der Wettbewerbskategorie Vocal Bands (Stufe 2), die verstärkt und in deutlich kleinerer Besetzung als die bisher gehörten Chöre auftraten. Besonders beeindruckten uns dabei Neilon aus Westhausen: Elf junge Gesangstalente brachten ein beeindruckendes “Words” (Real Group) über die Lippen und begeisterten augenblicklich mit ihrer Publikumswirkung. Die folgenden Arrangements, in denen auch die jungen Solistinnen absolut überzeugten, genossen wir zu jedem Moment und anschließend brach tosender Applaus aus, es gab Standing Ovations – und das in einem Wettbewerb!

Spaß beim Anhören von anderen Wettbewerben

 

Von brummenden Lautsprechern und zu kleinen Kaffeetassen

Nachmittags versammelte sich der Jazzchor Dresden am historischen Leipziger Stadtbad, dessen Innenraum restauriert und zu einem Veranstaltungssaal umgebaut wurde. Der Technikaufbau verlief dieses Mal etwas holprig (sollten die Kabel jetzt erst in die Stagebox gesteckt und dann zum Mikrofon geführt werden oder umgekehrt?). Da wir unsere Mikrofonständer für die anderen Chöre erstmal beiseite räumen mussten, beklebten wir den Boden mit rosafarbenen Markierungen, die zwischendurch teils wieder abgepult werden mussten, weil wir unsere Aufstellung noch veränderten. Mit dem Soundcheck lief es auch nicht optimal – ständig gab es ein dumpfes Gebrumme aus den Lautsprechern. Auf der Suche nach potentiellen Rückkopplungen der Bass- und Beatbox-Mikros verloren wir viel Zeit, sodass wir nicht mehr alle Lieder rechtzeitig anstimmen konnten.

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Die nächsten Stunden verliefen sehr zäh und waren geprägt von Müdigkeit, Hunger und Unruhe. Zum Glück konnte man sich an einer Verkaufstheke einen Kaffee holen, aber die Tassen waren irgendwie viel zu klein und im Nu ausgetrunken… Das Feld verstreute sich zwischen Umkleideraum und Zuschauerbereich, wo wir dem Jazzchor Chornfeld beim Soundcheck lauschten und versuchten, unser Energietief zu verdrängen. So richtig ideal war die Stimmung für das bevorstehende Konzert noch nicht – jetzt konnten wir nur versuchen, das Beste draus zu machen. 

Part of Us

Das Nachtklang-Konzert wurde um 19 Uhr von BonnVoice eingeleitet unter dem Motto Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken. Mit goldglitzernden Accessoires und beneidenswertem Blending entführte uns der Chor in eine moderne Welt von Volksliedern. Mitsingen konnten wir allerdings nicht, da sich die Abläufe und Rhythmen in den jazzigen Arrangements doch stark von den bekannten Versionen unterschieden.

Die Sorgen, vor einem leeren Saal singen zu müssen, weil zur gleichen wie wir auch die namhaften Ensembles Accent und Quintense konzertierten, bewahrheiteten sich Gott sei Dank jedoch nicht. Zum Warmwerden starteten wir mit der Power-Nummer “On Top of the World World”, arrangiert von unserem Tenor Stefan. Eine erfrischende Moderation später starteten wir so richtig durch mit altbekannten Stücken aus vergangenen Jazzchor-Jahren, gemischt mit den neuen Klängen unserer kommenden CD-Produktion. Den krönenden Abschluss bildeten eine Reihe neuer Soli, die durch vergangene Workshops nochmal neue Klangdimensionen erreichten.

Schwarz-Weiß Bilder: © Bernd Blome 2022

Wie auch immer der vergangene Nachmittag gelaufen war – schlussendlich hatten wir mit dem Nachtklang-Konzert unser ganz großes Erlebnis gefeiert. Es gab Standing Ovations, das gesamte Stadtbad war von Euphorie erfüllt, auf der Bühne strahlte ein begeisterter Chor in die Menge. Nach einem mehr oder weniger geordneten Abgang herrschte extreme Partystimmung im Umkleideraum; kleinere Grüppchen von Jazzchoris scharten sich um ihre Fans und kamen ins Plaudern – überall war pure Erleichterung zu spüren. Daran änderte auch die kaputte Hebebühne nichts, mit der wir eigentlich unseren Technikwagen auf Bodenhöhe absenken wollten und dann aufgrund eines technischen Defekts doch die Kisten selber schleppen mussten.

Abbau nach dem Konzert und Gruppenfotos (auch mit anderen Chören)

Hallelujah!

Eine Stunde und viele Umarmungen später ging es anschließend noch einmal in Richtung Innenstadt. Weil es Donnerstagabend schon so schön war, steuerten wir erneut das Spizz an. Nach einer Weile gesellten sich auch die Sänger:innen von Chornfeld zu uns und wir beschallten abwechselnd fröhlich das Barfußgässchen. Ein bisschen skurril mutete die Szenerie kurzzeitig an, als ein angetrunkener Mann von der Polizei abgeführt wurde, während wir lauthals “Hallelujah” von Leonard Cohen zum Besten gaben. Und obwohl es immer kälter wurde, blieb der harte Kern bis nach zwei Uhr – sogar eine unbekannte Sängerin, die wir schon als Gast fürs Jubiläumskonzert gewinnen konnten, leistete uns bis zum Schluss Gesellschaft. Erst als die Temperaturen sich dem gefühlten Gefrierpunkt näherten, machten wir uns erschöpft und hochzufrieden auf den Heimweg.

Sonntag, 29. Mai

Das große Finale

Einmal wurden wir noch wach – durch des Weckers lauten Krach! Nach drei großartigen, aber auch wahnsinnig kräftezehrenden Tagen quälten wir uns ein letztes Mal aus den Betten, schlürften unseren Morgenkaffee und machten uns gemeinschaftlich auf den Weg zur Auswertung der Chorwettbewerbe. Die Sonne tat ihr Bestes, um zwischen der Wolkendecke hervor zu brechen und die letzte Müdigkeit aus unseren Knochen zu vertreiben. Zunächst begrüßte der Präsident des Deutschen Chorverbandes die Anwesenden herzlich und hob den hohen Stellenwert des verbindenden Miteinandersingens für eine friedliche Gesellschaft hervor. Im Anschluss wurden die Juror:innen namentlich angekündigt und betraten die große Bühne. Der Jury-Vorsitzende Prof. Reiner Schuhenn dankte den teilnehmenden Chören und kam ohne langes Zögern direkt zur Bekanntgabe der Bewertungen.

…and the winner is …

Nun wurden die Wettbewerbsergebnisse mit großem Pathos verkündet. Nicht unerwähnt blieben selbstverständlich auch die Sponsoren – bei Mumm und Rotkäppchen gab es spontanen Beifall aus dem Publikum, welcher sogleich vom Jury-Vorsitzenden gebremst wurde unter dem Einwand, es würde leider keine Sachpreise geben. Um es besonders spannend zu machen, wurden zunächst die Gewinner aller erdenklichen anderen Kategorien genannt: Alte Musik / Klassik, Folkore / Weltmusik, Gospel, Jugendchöre und so weiter. Die Aufregung wurde immer unerträglicher – wann, wann kam endlich unser Genre?

Dann – nach einer gefühlten Ewigkeit – wurden die Ergebnisse der Jazz- und Popchöre der Kategorie 1 bekannt gegeben. “Der dritte Preis wird geteilt und geht an zwei Chöre: An don camillo und den Jazzchor Dresden“, schallte es aus den Lautsprechern über den ganzen Marktplatz. Augenblicklich brachen wir in riesigen Jubel aus, feierten und lagen uns gegenseitig in den Armen vor Freude und Begeisterung. Natürlich hatten wir insgeheim gehofft, mit unserem Programm überzeugt zu haben – wohl wissend, dass wir es auch mit richtig guter “Konkurrenz” zu tun hatten. Doch dieser Moment, als ein verträumter Wunschgedanke plötzlich Realität wurde, lässt sich kaum in Worte fassen. Auf den zweiten Platz schafften es übrigens zimmmt (die uns schon am Donnerstag beeindruckt hatten), während der hochverdiente Gewinner mit voller Punktzahl Voice It hieß. Darüber konnte sich besonders unser (Kontra-)Bass Christian freuen, der es irgendwie geschafft hatte, mit zwei Chören den Wettbewerb zu bestreiten – Hut ab!

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Glückliche Preisträger:innen

Bis in die Haarspitzen erfüllt von aufgestauten Glücksgefühlen, scharten wir uns ein letztes Mal unter dem steinernen Baldachin zusammen, wo wir am Donnerstagabend unsere Gesangspremiere gefeiert hatten. Ein letztes Mal holten wir alles aus unseren Stimmen heraus, was nach der anstrengenden Zeit noch geblieben war, und gaben unser persönliches Abschieds-Straßenkonzert. Bei der Gelegenheit hatten wir ein Déjà-Vu-Erlebnis, als ein Bus der Leipziger Verkehrsbetriebe sich mühsam einen Weg durch die umstehenden Zuhörer:innen bahnen musste. Nachdem der allerletzte Akkord verhallt war, besannen wir uns auf eine alte Jazzchor-Tradition namens “Haufen” und bildeten einen riesigen engen Kuschelkreis. Kurz darauf wurde es für die meisten Zeit aufzubrechen, dutzende Koffer rollten in Richtung Hauptbahnhof davon. Nur wenige Jazzchoris blieben noch ein wenig in der Stadt, um den musikalischen Ausklang des Chorfestes zu erleben.

Was für eine wunderbare Zeit

Eine der letzten Performances durften wir schließlich im Clara-Zetkin-Park erleben. Auf der AOK-Wiese gaben OstBahnGroove aus München ein buntes Pop-Repertoire mit Stücken von Rob Dietz, Stefan Flügel und Patrick Oliver zum Besten. Zu guter Letzt wurde eine coole Jazznummer von einer herausragenden Solistin auf die Bühne gezaubert. Danach ging es mit einem Nutella-Crêpe auf den Rückweg zur Unterkunft, wo es Kofferpacken hieß. Wie ein altes Sprichwort weiß: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Und diese vier Tage beim Leipziger Chorfest waren soooo wunderschön, intensiv, harmonisch, abwechslungsreich und einfach unvergesslich – wir sind unglaublich dankbar für die gemeinsame Zeit und gehen mit einer großen Portion Optimismus und ganz viel Herzblut in die kommende Zeit der CD-Aufnahmen und des bevorstehenden Jubiläumskonzerts am 03. September im Boulevardtheater.

🎶 🫶 🎶 🫶 🎶